Als Veteran der 2. Edition und (schlechter) Turnierspieler in V2 und V3, der das Regelsystem von V3 für das beste Regelsystem hält, das er in 20 Jahren in den Händen hielt (balanciert, absolut keine offenen Regelfragen, alles in sich logisch) war die V4 eine extreme Enttäuschung.
Die Spielbalance der etablierten Listen war beim Wechsel völlig fürn Arsch, aber das war etwas wo man zumindest sagen konnte, man muss halt solange warten, bis die upgedateten Listen heraus sind. Dann haben sich aber andere Dinge herausgestellt:
- MW war am Anfang extrem limitiert. Es gab eigentlich pro Seite effektiv nur eine Liste
- Der Fokus ging am Anfang extrem weg hin zu Panzern, weg von Infanterie und kombinierter Kriegsführung
- Die Listen waren (und sind) stark ahistorisch und müssen sich dem anpassen, was BF gerade in der Produktpalette hat.
- Taktische Feinheiten (Eyes and Ears-Regel von Recce) gibt es nicht mehr, was den Wert einiger Truppentyppen stark reduziert und auch den Anspruch des Spiels verringert
- Armeen und deren Spielstil wurden untereinander ähnlicher. Brittenpanzer und Deutsche Panzer haben sich in V3 viel unterschiedlicher gespielt als in V4.
- Die Armeebücher sind ein schlechter Witz. Alle drei Seiten der gleiche langweilige Flufftext ("Ich höre gerade ein Lied von Marlene Dietrich. Aber Achtung Heinz! Da hinten sind die Russen. Bumm. Bumm. Na jetzt geht es aber richtig los!"), was übrigens auch bei TY ein Problem ist. Ich lese das Zeug gar nicht mehr, da es echt immer exakt das gleiche ist, nur die Namen der Protagonisten, der beteiligten Fahrzeuge und das Detail der Lokalkoloritanektode ändert sich. Im Vergleich zu den 300 Seiten Titanen der V3 fehlen in den V4-Büchlein einfach relevante Einheiten und Armeenlisten. Platz wäre dafür auf jeden Fall da gewesen, da es eben diese blöden Flufftextstellen gibt und mindestens 10 Seiten für einen Produktkatalog draufgehen.
- Wichtige Optionen sind in in limitierte (!!!) Kartenpacks ausgelagert. Mir lief der Schaum vor dem Mund, als ich im D-Day Buch der Briten gelesen habe, dass es dort einen Textabschnitt gab, wo stand, dass man Sextons im Kartenpack finden würde, anstelle dass man an der gleichen Stelle einfach die Regeln für Sextons hingeschrieben hätte
- Historische Details sind nun völlig irrelevant. Anstelle des difizilen Unterschieds zwischen verschiedenen Ausführungen des PanzerIV gibt es nun als Benennung nur noch PanzerIV mit dem Kanonentyp im Namen. Das ist vor allem deswegen unverständlich für mich, da man bei TY das eben gerade NICHT gemacht hat und es dort einen M1, IPM1, M1A1 und M1A1HC gibt und keinen M1(105mm), M1(105mm, late), M1(120mm) und M1(120mm, late)
- Offene Regelstellen werden (ab und zu) in FAQs geregelt, anstelle sie im Regelbuch besser zu beschreiben. (Wie in V3).
Letztendlich haben all diese Maßnahmen dafür gesorgt, dass die Turnierszene weltweit komplett zusammengebrochen ist. Vielleicht hat BF dafür ja tatsächlich jede Menge neue Spieler rangezogen, die Veteranen sind aber zu einem großen Teil weg. Das ist superschade, da meiner Meinung nach die Grundregeln von V3 absolut perfekt waren, mir fällt in mehreren Jahren Turnierspiel kein Moment ein, wo eine Situation nicht eindeutig durch eine (sinnvolle) Regel abgedeckt war, man musste nur wissen, wo man sie suchen muss. (Aber da der Index des Buches gut war, war das in der Regel kein Problem).
Mir ist klar, dass BF versucht hat, das z.T. relativ statische (aber realistische) Spielgeschehen etwas zu beschleunigen, aber sie sind mit den Vereinfachungen weit, weit über das Ziel hinaus geschossen.
Letztendlich sind sie den Weg von GW von vor 10 Jahren gegangen: Relevant ist die Produktpalette und das Spiel muss sich dieser anpassen und nicht umgekehrt. BF hat die Produktion auf Plastik umgestellt und die ganzen neuen Panzer, die es vorher in Resin gab, mussten sich amortisieren, weswegen aus FoW primär ein Panzerspiel wurde. Mittleweile kann man Infanterielisten zwar wohl auch wieder spielen, aber vor allem am Anfang war das völlig sinnlos.
Ich hoffe darauf, dass V5 hier mehr "Fleisch" bekommt. Solange wird es bei Gelegenheitsspielen bleiben, bzw. bei Team Yankee. Das hat zwar viele der oben genannten Probleme, ist aber in dem Setting relativ konkurenzlos und primär Fahrzeuge im dritten Weltkrieg einzusetzen ist jetzt stilistisch nicht so falsch wie im Vorgängerkonflikt.
Ich könnte heulen, wenn ich daran denke, wie ich mit dem Spiel begonnen habe. Commando-Troop in der 2. Edition. Zusammengebaut durch ein 25 Seiten (!!!) kostenloses PDF von der Webseite mit historischen Details zur Struktur und Organisation der Commandos sowie Auflistung deren Einsätze in der Normandy. Später dann ersetzt von einem NOCH größerem PDF, wo man mehr Details zu den verschiedenen Landungsstränden hatte und was für einen Einfluss das auf die Supportoptionen hat. In V4 sind das nun eine Seite grobe Beschreibung, was Commandos sind und eine relativ geradlinige Liste, welche halt einfach fast alle Optionen hat wie andere Listen im D-Day Buch auch hat, obwohl diese historisch Blödsinn sind. Dafür fehlen dann wiederum andere Optionen, welche historisch wären, aber nur im Kartenpack sind (welches aktuell nirgendwo verfügbar ist). Argh.