Ich glaube, ich übertreibe es mit der Dramatik, aber seht selbst.
Das Gesicht des Feindes
„Ich verstehe es nicht? Warum hat Nemaides sich mit Harashi verbündet?“
Julius hatte gerade das Schema vor sich, welches Tiberius über die letzten zwei Jahre angefertigt hatte. Es zeigte all ihre bekannten Feinde und nun, auch Beziehungslinien.
„Harashi und Nemaides. Harashi und Tarros. Nemaides und Tarros.“
Tiberius nahm ihm das Papier wieder ab und breitete es auf dem Tisch aus, um den sich alle Eingeweihten befanden. Tiberius, Octavius, K’ari, Julius, Andrelin, Tzeez, Austio und Zaitsew.
„Als ich dies vor etwa einem Jahr erfuhr, da wusste ich schon, dass ich hier eigentlich nicht hineingehöre. Durch diese neue Wendung verstärkt sich dieses Gefühl.“, sagte der Kommissar, der sich eine Notiz über die neuen Zusammenhänge machte.
„Ich verstehe dein Unbehagen, aber wir brauchen dich. Du musst für uns die Imperialen Behörden im Auge behalten.“, antwortete Octavius.
„Meine Aufgabe ist mir bewusst. Trotzdem. Ich bin weder Psioniker noch Space Marine. Sollte ich jemals einem dieser Erzfeinde begegnen, bin ich tot.“
Plötzlich fing Tiberius an zu lachen.
„Unsere Feinde schmieden eine Allianz. Ich glaube natürlich, dass ein alter Bekannter von mir im Hintergrund mitzieht, aber ich würde gerne ihr Gesicht sehen, wenn sie wüssten, dass wir über sie bescheid wissen und selbst Pläne schmieden.“
Tzeez stieß kurz mit seinem Ellenbogen gegen den Ordensmeister, brachte ihn somit zum Schweigen und konnte nun auch etwas sagen.
„Doch ist der Grund dieses Kampfes wieder unklar. Wenn es nicht darum geht, die Dark Eldar wieder in der materiellen Galaxis zu etablieren, worum geht es dann?“
Die Gemeinschaft blickte auf ihr Papier. Namen, Linien, Orte. Tarros war ihnen voraus. Er musste unbedingt aufgehalten werden, das war ihnen allen mehr als bewusst, doch wie wussten sie nicht. Schon zwei Jahre gingen sie gegen ihn vor, doch waren sie so weit wie zu beginn.
Austio hob eine behandschuhte Hand.
„Wir haben auch morgen noch die Möglichkeit, darüber nachzudenken. Unser akutestes Problem ist der Seelenkristall. Wie werden wir ihn los? Im Gegensatz zu Ekanum Thessaloniki können wir das nicht mit einer Schlacht lösen. Niemand darf von diesem Kristall erfahren.“
Tiberius erhob sich nun. Er bedeutete K’ari ebenfalls aufzustehen.
„Entschuldigt uns.“
Octavius nickte, auf den Gesichtern der Anderen spiegelte sich Irritation bis Überraschung.
„Wie fühlst du dich?“ Tiberius sah K’ari in die Augen, um sicherzugehen, dass sie ihn nicht anlog.
„Es ist merkwürdig. Dieses neue Leben in mir. Ich kann spüren, dass das Kind etwas von einem Eldar hat. Die Gene, die bei dir im Hintergrund geblieben waren, treten bei unserem Kind wieder hervor. Ich spüre, wie es sich sträubt, wenn ich versuche Psionik anzuwenden.“
Tiberius umarmte sie. Ließ ihre beruhigende Präsenz auf ihn wirken.
„Das habe ich gehofft. Somit bist du aus dem Spiel.“
„Nein!“ Sie löste sich aus seinem Griff und sah ihn trotzig an.
„Das ist ein Himmelfahrtskommando. Ihr werdet meine Hilfe brauchen.“
Tiberius ignorierte ihren Widerstand, drückte sie einfach wieder an sich. Ihr Kampf brachte ihr nichts, schließlich hatte sie es mit einem Space Marine zu tun. Sett achtete darauf ihr nicht wehzutun, sie aber nicht loszulassen.
„Ich glaube, Octavius und ich sind die Einzigen, die wissen werden, dass es ein schieres Selbstmordkommando ist. Nicht einmal Tzeez ist sich der Gefahr dieses Kristalls im Klaren. Du kannst sowieso nichts ausrichten, deine Kräfte sind blockiert. Lass doch einmal im Leben locker, versuche nicht auf alles Einfluss zu nehmen.“
„Ich bringe dich um, wenn du dort umkommst.“
„Wie oft habe ich das schon von dir gehört?“
„Du wirst es noch sehr oft hören.“
Tiberius konnte spüren, dass sie weinte, obgleich er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Und ihretwillen würden sie es schaffen.
Als Tiberius wieder den Raum betrat, blickten die Eingeweihten erschrocken auf. Die Psioniker unter ihnen spürten die Anspannung, die normalen Menschen konnten sie in seinem Gesicht lesen.
„Wir wissen nun, dass auch dieser Feind zum großen Plan gehört. Wir hatten es immer vermutet, nun ist es gewiss. Momentan können wir nicht mehr tun, als die Dark Eldar zu bekämpfen. Hier geht es nicht um den Plan des Erzdämonen Tarros, hier geht es um Yucatan. Wir können nicht zulassen, dass sie den Kristall weiter verwenden. Sterben wir alle, stirbt das Wissen um den fünften Gott. Die Geißel, die wir zu besiegen uns schworen. Also werden wir dafür sorgen, dass wir am Leben bleiben.
Die Masters of War werden das Tal angreifen. Octavius, Austio und ich nehmen uns den Kristall vor. Inquisitor Tzeez wird sogleich aufbrechen und uns Unterstützung sichern. Wir brauchen so viele Imperiale Regimenter, wie in einem Monat eintreffen können, denn ich habe nicht vor morgen zu sterben. Zaitsew wird währenddessen die Armee antreiben. Greift so viele feindliche Ziele an, wie ihr Soldaten entsenden könnt. Ich bin mir sicher, dass die Besten des Feindes dort sein werden, doch wir können den Großteil ihrer Streitkräfte ablenken. Möge der Imperator uns führen.“
Die Versammelten blickten ihn eine Weile stumm an, jeder die Rede im Kopf noch einmal durchlebend. Dann standen die ersten auf und verabschiedeten sich. Zaitsew, Andrelin, Julius. Dann ging auch Austio, ließ es sich aber nicht nehmen, sich vor Tiberius zu verneigen.
„Du hast eigentlich keine Befehlsgewalt üb er mich.“, sagte Tzeez.
„Aber verdammt, wenn du so redest, würde ich dir überall hin folgen. Es ist nicht gut, wenn ein Inquisitor das sagt, aber es ist die Wahrheit. Ich breche in einigen Stunden auf. Die Verstärkung wird kommen.“
„Danke, mein Freund.“
Die beiden drückten sich die Hand und Tzeez verließ ebenfalls das Zimmer. Als alle gegangen waren, drehte sich Tiberius um und fand sich seinem Mentor gegenüber, die ihn zufrieden ansah.
„Also hast du es geschafft. Du hast die institutionellen Grenzen überwunden. Hast einem Großinquisitor einen Befehl gegeben. Ich bin sprachlos.“
„Und ich erst. Ich weiß selbst nicht, was da in mich gefahren ist.“
„Der Imperator, vielleicht?“
Das klang so absurd, dass beide in schallendes Gelächter ausbrachen.